Vortrag aus der Reihe: Crossing Borders. Aktuelle und historische Perspektiven auf die Verwaltung und Kontrolle von Migration
Das Wirtschaftswachstum der 1950er und 1960er Jahre führte zu einer umfangreichen Arbeitsmigration, vor allem aus den ökonomisch schwächeren Gebieten des Mittelmeerraums und den (ehemaligen) Kolonien nach Westeuropa. Die nationalen Migrationsregime der industriellen Zentren unterschieden sich aufgrund historischer Wanderungstraditionen, kolonialer Verflechtungen und nationaler Selbstverständnisse deutlich voneinander. Gleichwohl entwickelten sich überall temporäre Arbeitsmigrationsregime, die durch bilaterale Wanderungsabkommen strukturiert wurden.
Ende der 1960er Jahre erkannten die Zielländer, dass die Gastarbeiter – und die (post)kolonialen Migranten zu nicht gewollten Einwanderern wurden. Daraufhin beendeten die Zielländer die staatliche Anwerbung, erschwerten die Beschäftigungsmöglichkeiten von Ausländern oder schränkten den Zuzug von Migrantinnen und Migranten aus den ehemaligen Kolonien ein.
Diesen europaweiten Anwerbe- und Einwanderungsstopps gingen in den Zielländern auf verschiedenen politischen Ebenen Konsultationen voraus, in denen ein gemeinsames Problembewusstsein entstand, Lösungsstrategien erörtert und die Versuche der jeweiligen Nachbarländer zur Steuerung der Migration zum Vorbild genommen wurden.
In dem Vortrag wird diskutiert, ob die Anwerbestopps der 1970er Jahre als frühe Europäisierung der Migrationspolitik gesehen werden können. Während u.a. Problembewusstsein und die Konzeption von Lösungsstrategien auf mehreren europäischen Ebenen dafür sprechen, waren es am Ende doch nationalstaatliche Regierungsentscheidungen, welche die Migrationsregime der westeuropäischen Länder nachhaltig prägen sollten. Weiterhin soll die Methodik zur Erforschung der Geschichte der ‚Gastarbeit‘ reflektiert werden: Welche Quellen stehen zur Verfügung und wie wurden diese bisher von der historischen Migrationsforschung genutzt? Welche Rolle spielt in dieser Perspektive der Staat und welche der ‚Eigen-Sinn‘ der Migrantinnen und Migranten?
Dr. Marcel Berlinghoff (Universität Osnabrück)
Kommentar: PD Dr. Nikola Tietze (HIS)
Moderation: Prof. Dr. Dorothee Wierling (FZH)
Eine Kooperation des Hamburger Instituts für Sozialforschung mit der Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg
Beginn der Veranstaltung: 18.30 Uhr
Quelle:
www.his-online.de