Zur Entwicklung eines Verhältnisses
Vortrag aus der Reihe: Crossing Borders. Aktuelle und historische Perspektiven auf die Verwaltung und Kontrolle von Migration
Migration hat im Gegensatz zur historischen Migrationsforschung eine lange Geschichte. Europa erlebte im 20. Jahrhundert umfangreiche Migrationsprozesse, und doch wird in älteren historischen Überblicksdarstellungen das Thema Migration nur selten behandelt. Wie kommt es zu dieser Leerstelle in der historischen Forschung und wie lässt sich der nachfolgende Perspektivenwechsel erklären? Lange galt Historikern und Historikerinnen das Thema Migration als Ressort der Soziologie, Sozialgeografie oder Politikwissenschaft: Als Phänomen zu marginal, um historische Prozesse zu beeinflussen, als individuelle Erfahrung zu banal, um für den historischen Blickwinkel interessant zu sein. Erst in den 1990er Jahren kann eine Neubewertung der Migrationsgeschichte durch die Geschichtswissenschaft beobachtet werden. Sowohl die Perspektiven auf historische Migrationsprozesse als auch die Methoden ihrer Analyse erweitern sich. Gegenstand und Herangehensweise der ersten historischen Forschungen zum Thema sind oft angelehnt an sozialwissenschaftliche Ansätze. Die zeithistorische Migrationsforschung arbeitet eng zusammen mit sozialwissenschaftlichen Nachbardisziplinen und viele Arbeiten entstehen als interdisziplinäre Projekte. Mit dem stark gewachsenen öffentlichen Interesse an den jeweils gegenwärtigen Migrationsentwicklungen wächst seit den 1990er Jahren auch die öffentliche Nachfrage nach historischer Einordnung. Zwischen Trends, Turns und Politik ist die Nachkriegsmigrationsgeschichte heute Teil des historischen ‚master narrative‘ geworden.
Dr. Imke Sturm-Martin (Universität Köln)
Kommentar: Jun. Prof. Dr. Kerstin Poehls (Universität Hamburg)
Moderation: Prof. Dr. Axel Schildt (FZH)
Eine Kooperation des Hamburger Instituts für Sozialforschung mit der Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg
Beginn der Veranstaltung: 18.30 Uhr
Quelle:
www.his-online.de