Eine Containertür führt in eine Videoinstallation. Stimmen sprechen von Befürchtungen und Hoffnungen, Blicke suchen ein Gegenüber. Alle sind geflohen: vor Jahrzehnten oder Monaten - mit Deutschland als Zielpunkt oder Übergangszone.
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Ein Container ist auf dem Arno-Schmidt-Platz vor der Zentralbibliothek Hamburg aufgestellt. Eine Türöffnung in der Längsseite führt in das bewegte Halbdunkel einer Videoprojektion. Stimmen sind zu hören: von Personen, die zur Kamera blicken und von ihren Erfahrungen in Deutschland, ihren aktuellen Befürchtungen und Hoffnungen sprechen. Was die einzelnen Sprechenden vereint, ist, dass sie geflohen sind, schon vor Jahrzehnten oder erst wenigen Monaten - mit Deutschland als Zielpunkt oder Übergangszone. Krieg und Tod, politische Verfolgung, Folter und Entrechtung werden eher angedeutet, ebenso die Wechselfälle der Flucht. Die nacheinander präsentierten einzelnen Erzählungen kreisen vielmehr um den Ort eines Jetzt in individueller Zustandsbestimmung.
In der Container-Installation wechseln die an den Stirnseiten projizierten Aufnahmen der Portraitierten aus Afghanistan, Iran, Irak, Syrien und anderen Ländern mit Bildern vom Himmelsszenen, Wolken und Lichtstimmungen. Ähnlich dem Fluchtpunkt, erzeugt von der Geometrie der Kameraoptik, kann ein anderer Schnittpunkt sich aus dem Erzählten, den Stimmen, Blicken, Gesten rekonstruieren: die Linien der einzelnen Erzählungen überschneiden sich im (vorläufigen) Entkommen-Sein aus Todesgefahr. Ruhige Einstellungen, die den Sprechenden Raum geben, schaffen für die Zuhörenden eine Situation, die den gängigen Reflex von Verteidigung eines Innen gegen ein Außen unterbrechen kann. Im begrenzten Raum der Container-Installation bringen die berichteten Erfahrungen, die oft von Mut, Verantwortungsbewusstsein und Hoffnung unter schwierigsten Bedingungen zeugen, eine neue Weite. Außen und Innen sind vielleicht nicht immer eindeutig fixierbare Orte?
Die Filmemacherin und Künstlerin Dorothea Carl erzeugt mit TRANSIT EXIL eine psycho-politische Szene eigener Art, in der mit Intensität und Intimität gehört werden kann, was (einstige) Flüchtlinge erzählen wollen. Den Besucher_innen, die sich dem Zuhören öffnen, bieten sich realistische Bestandsaufnahmen der Gegenwart von einer Position, die üblicherweise als die der Ausnahme schlechthin gilt. So ermöglichen sich auch für das Publikum Reflektionen zu der Frage: Wo sind wir jetzt?
Mitwirkende u.a.: Jina Alamsha, Al Hamadan, Al Hajji, Sara Alsuleiman Al Nasser, Ibrahim Alsuleiman Al Nasser, Jacklin Arakel, Mohsen Rezai, Mostafa Rezai, Shafiq Hussein Rezai, Heide Sanati, u.a.
Musik: Peter Imig
Übersetzung Ali Shibly, Jina Alamsha
Grafik: Eva Riekehof
Webprogrammierung: Nils Hartlef
in Zusammenarbeit mit berlin - raum für videokunst
Gefördert durch die Freie und Hansestadt Hamburg, Kulturbehörde.
Rudolf Augstein Stiftung
Hanse-Repair Containerreparatur GmbH
Eröffnung 17. Juni 2016, 18 Uhr, Ausstellung 18. Juni - 3. Juli, Öffnungszeiten 15 - 20 Uhr
Ort: Arno-Schmidt-Platz (vor der Zentralbibliothek)
Quelle:
ww.transit-exil.de