Der Umbau des Wohlfahrtsstaates zum aktivierenden Sozialstaat bzw. Sicherheitsstaat beinhaltet und verschärft die Bindung von Hilfe an Wohlverhalten. Das Paradebeispiel für die Zunahme von Zwangs- und Kontrollmaßnahmen sind die immer wieder verschärften Regularien für ALG-II-Empfänger und deren drastische Sanktionen bei Fehlverhalten. Diese repressive Wende folgt dem Leitziel des aktivierenden Sozialstaates und wird auch in anderen Bereichen der Sozialen Arbeit sichtbar: im Einschluss in Time-out-Räumen; in Trainingscamps, in denen bis an die Leistungsgrenze resozialisiert wird; in der Formel des Abschieds von der "Kuschelpädagogik" und dem "Lob der Disziplin". Auch Schule, Jugendarbeit und -hilfe sind Teil dieser Wende und der Renaissance des Zwangs, die in gesellschaftliche Veränderungen eingebettet ist. Diese Entwicklung bleibt nicht auf die politischen Debatten und Steuerungen beschränkt. Auch in der Fachwissenschaft und Profession wird zunehmend eine Affirmation der
Enttabuisierung und Legitimation von Zwang in der Erziehung bzw. Jugendhilfe deutlich. Nicht nur von neoliberaler oder konservativer Seite, sondern auch mit explizit sozialpädagogischen Argumenten - im Interesse der Jugendlichen. Was sind die Hintergründe dieses Wandels und wodurch zeichnet er sich aus? Wie verhalten sich diese fachlichen Begründungen zu den öffentlichen und politischen Debatten sowie den gesellschaftlichen Veränderungen? Welche Konsequenzen zeichnen sich für die Profession Soziale Arbeit ab und welche Widerstandspotenziale und -trends sind sichtbar?
Vortrag von Tilman Lutz im Rahmen des "sozialistischen Salons". Veranstaltet von den Redaktionen der Zeitschriften express und Widersprüche.
Beginn: 19 Uhr
Mehr Informationen:
www.express-afp.infowww.widersprueche-zeitschrift.de