Stadt statt Moderne?
Städte sind komplexe Systeme, die auf Gedeih und Verderb mit ihrer Umwelt verflochten sind und die sich stetig neuen gesellschaftlichen Herausforderungen geschmeidig anpassen müssen. Das funktionalistische Denken der Moderne, Stadt sei nach definierten rationalen Kriterien zu organisieren, hat sich jedoch tief in den Alltag der Gesellschaft eingegraben. Das deutsche Baugesetzbuch, entstanden als Bundesbaugesetz 1960, trägt immer noch den Geist der Moderne in sich, sortiert Flächennutzung nach Nutzungstypen, die über stetig steigende Mobilität verflochten sein wollen. Verstärkend wirken Trends einer Gesellschaft, die Stadt konsumiert, allerdings keinerlei Störungen zu tolerieren bereit ist. Das Nebeneinander separierter Funktionen hat sich eher noch verschärft. Nutzungen werden weiter ausdifferenziert und voneinander isoliert: Es entsteht ein beziehungsloses Nebeneinander von nur losen Verknüpfungen und keine komplexe Vielfältigkeit. Das Erbe des Funktionalismus prägt weiterhin die Stadt der Gegenwart. Andererseits besteht die fachliche und politische Forderung nach einen permanenten Umbau von Städten und Landschaften: Differenzen anerkennen, Unterschiede entwickeln, lokale Eigenheiten als Vorteil begreifen und ausbauen. Es gibt keine pauschalen Rezepte als vielmehr vielfältige Strategien der sorgfältigen Pflege des Besonderen. Vorsicht und Bedachtsamkeit, Sorgfalt und Bescheidenheit, mit den Worten von Bruno Latour geht es um ein kollektives Experimentieren.
Prof. Dipl.-Ing. Sophie Wolfrum, Univ.-Prof. für Städtebau und Regionalplanung an der Technischen Universität München, Mitglied der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung
Moderation: PD Dr. disc. pol. Berthold Vogel, Soziologe; Wissenschaftler im Arbeitsbereich "Die Gesellschaft der Bundesrepublik" im Hamburger Institut für Sozialforschung und Direktor des Soziologischen Forschungsinstituts an der Universität Göttingen.
20 Uhr (Einlass ab 19.30 Uhr)
Quelle:
www.his-online.de