Auf den Rängen der Fußballstadien wird sich gern mal ausgetobt. Da wird gepfiffen, gemeckert, gebuht, durchaus auch mal beleidigt. Das zielt vorzugsweise auf Schiedsrichter und bestimmte Gegner und die Fans dieser Gegner. Auch beim FC St. Pauli ist das so. Insofern sind die „etwas anderen Fans” des „etwas anderen Vereins” so anders gar nicht, wenn auch die Sprüche hier meist einen Tick kreativer sind als anderswo. In letzter Zeit haben sich allerdings die Formen und die Zielscheiben der Attacken am Millerntor geändert. Der offensichtlichen Kommerzialisierung und immer stärker empfundenen Gängelung treten die Fans mit neuen, radikalisierten Choreographien entgegen. Nicht selten trifft das die eigene Vereinsführung, die für einen Wandel steht, den vor zehn Jahren so wohl kein/e „Retter/in” für möglich gehalten hätte. // Perspektivwechsel: Wir schauen nicht Ball und Spielern auf dem grünen Rasen zu, sondern die Tribünen stehen hier im Mittelpunkt. Ein gutes Dutzend Kameras nimmt die Fans im ganzen Stadion ins Visier: in der Nordkurve, auf der Gegengerade und der Südtribüne. Die Kameras sitzen auf Fahnenstangen und Megafonen, auf Bierbechertabletts. Selten war man so dicht dran an Fußballanhängern. Doch es geht nicht um das kameratechnisch versierteste Abfilmen und Abfeiern der bundesweit bewunderten und ach so linkskreativen Pauli-Paadie-Fans. Es geht hier nicht um das Ornament der Masse, das Aufgehen des Einzelnen in der Fanblockgemeinschaft. Der fragmentierte Blick spiegelt die fragmentierte Szene, in der sich keineswegs alle untereinander braun-weiß sind. Ob Kommerzialisierung, Logen, Dauerbeschallung der Ultras, Vereinsführung, Fanrechte und Blockade der Südtribünen – mit der Einigkeit der Fans des FC St. Pauli ist es nach dem Torjubel schnell wieder vorbei. Und das ist ja auch ganz gut so.
Quelle: Centro Sociale Newsletter
Beginn der Veranstaltung: 20:30 Uhr
Eintritt frei, der Hut geht rum.